Espresso Zubereitung
10.02.25
Bertram Unrath
Service

Espressozubereitung Schritt für Schritt

Die Espressozubereitung unterliegt einigen Variablen wie der Mahlgutmenge, dem Mahlgrad, dem Brühdruck, der Durchlaufzeit und der Brühtemperatur. Es ist als Einsteiger ein großer Vorteil, wenn das zukünftige Maschinensetup alle diese Variablen unter Kontrolle hat. Also eine Espressomühle die bspw. zeitgesteuert annähernd immer die gleiche Mahlgutmenge bei gleichem Mahlgrad bringt. Die Espressomaschine sollte den gleichen Brühdruck bei gleicher Temperatur und der gleichen Durchlaufzeit (Shot-Timer) bringen. Meiner Meinung nach sind für den Einstieg eine Dualboiler-Espressomaschine und eine Espressomühle mit automatischer Dosierung ideal. Ist man sich sicher, dass man selten bis gar nicht Milch aufschäumen will, dann tut es auch ein Einkreiser mit PID.

Exkurs:
Ein Zweikreiser (Wärmetauscher) macht meines Erachtens Sinn, wenn man Erfahrung mit der Espressozubereitung hat, da bei diesem Maschinenkonzept die Brühtemperatur durch die eine Heizung im Dampfkessel nur indirekt gesteuert werden kann. Außerdem neigen diese Maschinen zum Überhitzen, was einen sogenannten „Cooling-Flush“ nötig macht.

Wenn diese technischen Voraussetzungen erfüllt sind, gibt es zwei Optionen. Erstens; man bringt sich den Umgang mit den eigenen Maschinen selbst bei, was durchaus ein langwieriger Prozess sein kann. Denn fragt man 5 vermeintlich erfahrene Personen im Internet bekommt man 533 verschiedene Meinungen. Was oft zu Frustrationen und letzten Endes zur Aufgabe dieses wunderschönen Hobbys führen kann. Leider lassen sich viele Erkenntnisse im Netz nicht auf den eigenen Maschinenfuhrpark projizieren, da jede Maschine, jede Mühle, jedes Milchkännchen und jeder Kaffee ihre Eigenarten haben. Dennoch sind die Ergebnisse in der Tasse meiner Meinung nach besser als die eines Vollautomaten, auch wenn man keine Ahnung von der Espressozubereitung mit einer Siebträgermaschine hat.

Die zweite Option ist eine Schulung an den eigenen Geräten mit der eigenen Milch und dem eigenen Zubehör. Diese Methode hat sich für mich extrem bewährt. Zumal die Eigenheiten nicht nur die Zubereitung, sondern auch die Maschinen selbst betreffen. Schäden durch unsachgemäße Bedienung können so nahezu ausgeschlossen werden. Maschine und Mühle sind die Instrumente des Baristas und darauf muss man das Spielen eben erst lernen. Zur Not kann auch eine fundierte Einweisung durch den Händler im Laden erste Fragen klären und als Wegweiser dienen.

Die Grundausstattung:

• Eine Siebträger-Espressomaschine mit den angesprochenen Eigenschaften.
• Eine automatische Espressomühle.
• Siebträger-Siebe.
• Ein passender Tamper, anfangs vielleicht sogar ein dynamometrischer Tamper.
• Ein Milchkännchen dessen Volumen zu eurer Espressomaschine passt, meistens passt ein Kännchen um die 360ml Gesamtkapazität.
• Frisch gerösteter Kaffee, hoher Qualität, mindestens eine Woche bis höchstens ca. drei Monate alt nach dem Röstdatum (grober Anhalt).
Milchlanzenlappen
• Barista-Handtuch oder Pinsel zur Reinigung der Siebe während der Benutzung
• Anfangs eine Feinwaage mit einer Genauigkeit von 0,1 g.
• Shot-Timer zur Bestimmung der Durchlaufzeit (Smartphone, Stoppuhr, evtl. Maschinenfeature)

Bevor ihr jedoch anfangt, müsst ihr die Füllmenge eures momentanen Siebes kennen. Anfangs ist es unserer Erfahrung nach wesentlich einfacher mit dem sogenannten Zweier-Sieb (meist 14g) zu arbeiten, da der Umgang mit dem "Einer-Sieb" konstruktionsbedingt wesentlich komplizierter ist. Durch meine Arbeit in der Rösterei bin ich zur Erkenntnis gekommen, dass ich erst ab einer Füllmenge von mindestens 17 Gramm die Komplexität einer Bohne richtig wahrnehmen kann. Bei mittleren und dunklen Bohnen arbeite ich zwischen 18-19 Gramm für einen Espresso-Shot im Standard Zweier-Sieb.

Je nachdem wie tief ein Kaffee geröstet wurde, variiert das Gewicht der gewollten Füllmenge des Kaffeemehls im Sieb. Bohnen des gleichen Kaffees sind bei einer dunklen Röstung leichter als mit einem hellen Röstprofil, da die spezifische Restfeuchte nach dem längeren Röstvorgang geringer ist.

Die anfänglichen einzelnen Workflow-Schritte

Espresso zubereiten:
• Maschine ausreichend durchheizen lassen.
• Siebträger auf Feinwaage legen und Waage "Nullen" --> Taste "Tara". Am besten nehmt ihr anfangs den Siebträger mit Doppelauslauf und dem oftmals beiliegenden 14g Sieb.
• Kaffeebohnen in den Siebträger mahlen und anschließend erneut wiegen. Es sollten 18-19 Gramm Kaffeemehl sein, Plus, Minus, je nach Ausgangsmenge.

• Durch minimales Klopfen mit dem Handballen am Siebträger das Kaffeemehl eben verteilen (Distribution).
• Tamper in den Siebträger stellen, Sichtkontrolle ob alles eben ist und Kaffeemehl verdichten. Wenn möglich sollte nicht mehr nivelliert werden, denn das führt zu einer ungleichmäßigen Extraktion.

• Feinwaage unter die Tasse und erneut "Nullen" --> Taste "Tara".
• Siebträger einspannen und Bezug sofort starten, da der Brühkopf heiß ist. Es schadet dem Aroma des Kaffees, wenn der Siebträger mit dem Kaffeemehl zu lange eingespannt ist, da die Hitze den Kaffee „verbrennt“.
• Sobald die Pumpe gestartet wird, die Durchlaufzeit überwachen.
• Erster Ausgangspunkt: 25-30 Sekunden Durchlaufzeit, dabei sollten aus 18g Kaffeemehl ca. 36g Espresso (Brührate 1:2) in der Tasse landen.

Damit ihr auf die gewollte Durchlaufzeit kommt, könnt ihr zwei Variablen verändern, nämlich den Mahlgrad oder die Mahlgutmenge. Ihr solltet jedoch immer nur eine Variable verändern, damit die Auswirkungen auf die Durchlaufzeit nachvollziehbar sind. Wenn ihr den Mahlgrad verändert, braucht ihr zwei bis drei Espresso-Shots damit ihr das Ergebnis der Mahlgradänderung anhand der Durchlaufzeit seht. Das ist darin begründet, dass sich nach der Änderung des Mahlgrades noch eine Restmenge gemahlenen Kaffees zwischen Mahlwerk und Auswurf befindet. Diese Rückstände nennt man „Totraum“. Manche Mühlen haben heute maximal 0,1g Totraum, je nach Mühlenkonzept.

Tipp: Ich empfehle immer einen Kaffee zu identifizieren, der allen Personen im Haushalt schmeckt und dann das erste halbe Jahr bei dieser Sorte zu bleiben, um Erfahrungen der Auswirkungen durch das Ändern von einzelnen Variablen wie Brühtemperatur, Mahlgrad, Mahlgutmenge, Durchlaufzeit und Brühdruck machen zu können.

Milch aufschäumen:
• Kondenswasser aus der Dampflanze ablassen.
• Milch aufschäumen.

• Dampflanze mit Lappen reinigen und Dampfhahn nochmals kurz aufdrehen, um die Milch aus dem Inneren der Dampflanze zu entfernen.

• Milch gießen.
• Fertig!

Der Abschnitt „Milch aufschäumen“ wird zukünftig in weiteren Beiträgen präziser erläutert.

Auf den ersten Blick hört sich das verdammt viel an. Mit ein bisschen Übung wird man allerdings richtig schnell. Diesen Workflow habe ich weitgehend von Barista Weltmeisterschaften und entsprechenden Videos zusammengetragen und mit jahrelangen eigenen Erfahrungen kombiniert. Diese Vorgehensweise bewährt sich jeden Tag mehrere Male. Nachdem man etwas Erfahrung bei der Espressozubereitung aufgebaut hat, kann man die Feinwaage weglassen oder man entscheidet sich für den sogenannten „Single-Dosing-Workflow“, der zukünftig ebenfalls in einem weiteren Blog-Post erläutert wird.

„espresso made simple“


Über den Autor

Hallo, ich bin Bertram Unrath, 1982 geboren. Das Thema Kaffee hat bei mir 2012 mit einer alten Vibiemme Domobar, die 20 Jahre im Keller meiner Eltern lag, begonnen. Ich habe die Maschine restauriert und nachdem sie wieder lief war ich neugierig wie das Zeug schmeckt das man mit so einer Maschine zubereiten kann. Also ab ins Netz und eine Graef CM700 und in einer Rösterei in Mannheim erste Kaffeebohnen gekauft.

Selbstverständlich habe ich mich während des Restaurationsprozesses im Kaffee-Netz-Forum angemeldet, um Hilfestellung auch für die Zubereitung von Espresso zu bekommen. 2014 hatte ich dann das erste Mal mit Michael Hauck, dem Geschäftsführer von ECM/Profitec, zu tun. Ich interessierte mich für die Profitec Pro300 die meines Erachtens eine Maschine mit Potenzial aber im Netz damals so gut wie nicht beschrieben war. Von da an hatten wir immer mal wieder Kontakt und wenn es nur darum ging regelmäßig ein Kaffee-Netz-Treffen vor Ort in Heidelberg zu organisieren.

Anfang 2013 bis Mitte 2017 habe ich während meines Studiums in einer Rösterei mitgearbeitet, da ich den Weg von der Rohbohne bis zum fertigen Produkt miterleben wollte. Ich war auch für einen Anteil des Vertriebs verantwortlich. Kunde von uns waren damals unter anderem verschiedene Niederlassungen eines amerikanischen Motorradherstellers für deren Events wir gerne gebucht wurden. Das Thema „Zubereitung espressobasierter Getränke“ konnte so unter Extrembedingungen ausgelebt werden, je nachdem wie viele koffeinbegeisterte Biker nach dem Mittagsessen gleichzeitig einen Espresso oder Cappuccino wollten.
2017 habe ich mich entschlossen nebenberuflich Kaffeemaschinen von ECM/Profitec zu vertreiben. Ich habe meine Maschinen immer selbst vor Ort in Bammental geholt und so kam man naturgemäß mit Michael Hauck öfter mal ins Gespräch.

Da ich der Meinung bin, dass diese Art der Espressozubereitung ein extrem kommunikatives Thema ist, haben wir unseren Kunden immer angeboten sie an ihren Geräten vor Ort zu Hause zu schulen. Die Schulung selbst hat einen hohen Praxisanteil und deckt die Themen; Inbetriebnahme, Bedienung und Wartung/Reinigung ab.

Im Laufe der gesamten Zeit von 2012 bis 2024 hatte ich viele Espresso-Maschinen und viele -Mühlen auf meiner Kaffeebar. Immer mindestens zwei Maschinen und vier bis fünf Mühlen aller Hersteller in ständiger Rotation. Das Ding ist ja schließlich 3 Meter breit, da ist ne Menge Platz.

Getreu dem Motto: „Ein Hobby ist es, ein fragwürdiges Ziel unter massivem finanziellem Aufwand erreichen zu wollen, dessen Sinn für Außenstehende nicht oder nur schwer zu erkennbar ist. Aber es bringt Freude und das ist unbezahlbar.“
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen meiner Beiträge.